Amica - M�rz 2003
Leonardo DiCaprio ist kein Superstar von Brigitte Steinmetz
Die jungen M�dchen haben einen Posterboy aus ihren Herzen versto�en. Daf�r haben wir einen gro�en Schauspieler entdeckt
Nach neuesten Erkenntnissen
ist Leonardo DiCaprio kein Superstar. Jedenfalls kann er nicht singen und an seinem Outfit h�tte
Dieter Bohlen bestimmt auch einiges auszusetzen. In "Gangs of New York", Martin Scorseses Film �ber
irische Einwanderer im Amerika des 19. Jahrhunderts, spielt Leo einen irischen Gangster und tr�gt
das Haar lang und fettig. Der Gangster-Leo ist 30 Pfund schwerer als "Titanic"-Leo. "Ich habe
monatelang im Fitness-Studio Gewichte gestemmt," behauptet er, "ich war nicht fett, sondern aufgepumpt,
das waren alles Muskeln!" Trotzdem ist der Gesanteindruck eher teigig als fleischig. Und so kommt es,
dass exakt f�nf weibliche Verehrerinnen sich vor dem Hotel Adlon einfanden, als DiCaprio in Berlin
weilte, um sein j�ngstes Machwerk vorzustellen.
Einst Herrscher �ber die Teenietitel, wurde er in seiner post-titanischen Erholungsphase aus den
Herzen der jungen M�dchen versto�en. Jetzt ist er wieder Schauspieler und so gefragt, als h�tte es
den Posterboy nie gegeben. Gl�ck f�r ihn: Posterboys sind schwer zu besetzen, weil ihre H�lle jede
Rolle �berstrahlt. Leonardo hat hingegen mit Steven Spielberg "Catch Me If You Can" gedreht, mit
Scorsese schon den n�chsten Film, das Howard-Hughes-Biodrama "The Aviator" in Arbeit, und dann
wartet Baz Luhrmann ("Moulin Rouge") mit "Alexander der Gro�e". W�re Leo krumm und bucklig, man
k�nnte ihm eine sichere Karriere im Charakterfach vorhersagen. Aber leider hat er, immer noch, diese
faszinierenden Schlitzaugen, die je nach Blick verquollen oder exotisch wirken. Eine Statur wie ein
Schwimmer. Selbst mit Fleisch auf den Rippen. Und dieses schwer erkl�rbare Flair der Menschen, die
in sich ruhen, umweht ihn. Das macht die Klatschpresse verr�ckt.
M�glicherweise ist DiCaprio das einzige Hollywoodwesen, dessen Erfolgsrate sich disproportional zu
seinen Skandalen verh�lt. Was gibt's zu berichten? Da w�ren die zahlreichen Diskothekenbesuche mit
Tobey Maguire. "Lassen Sie mich festhalten", sagte Martin Scorsese zu diesbez�glichen Vorw�rfen:
"Ein Mittzwanziger wurde mehrfach in Clubs gesichtet und beim Wodkatrinken mit M�dchen erwischt.
Vielleicht entgeht mir ja was, aber ich verstehe nicht, was daran berichtenswert sein soll." - "Ach,
die Presse", beschwichtigt Leonardo, "ich lasse sie schreiben, was sie wollen, den es ist unm�glich,
Klatsch zu kontrollieren." Unkontrolliert konnte so eine jahrelange Kalt-Warm-Liaison mit Gisele
B�ndchen kolportiert werden. Superstar datet Supermodel. Und dann haben sie sich getrennt. Kein
Unterhaltungswert, Leo geht Augenzeugenberichten zufolge gern in einer Gruppe aus. "Ich habe zehn
beste Freunde", behauptet der 28-J�hrige, " und ich fahre gern mit denen in den Urlaub oder nach Las
Vegas und manchmal spielen wir einfach Pingpong oder Gameboy." Tatsache ist: Leonardo DiCaprio
macht all das nicht, was Dieter Bohlen Superstars empfiehlt.
* So gibt er entsetzlich langweilige Interviews. Das "Beste" aus der j�ngsten Begegnung mit "Amica":
"Martin Scorsese ist ein Genie" (es folgt eine 15-min�tige Ausf�hrung). - "Rom ist eine tolle Stadt"
- "Warum?" - "Es ist wie ein Paris f�r MM�nner, genauso sch�n, aber dreckig." - Jeder sollte mal in
Pompeji gewesen sein" (vier Minuten �ber Museen und Ausgrabungsst�tten im Allgemeinen). - "Mein
Vater ist mein wichtigster Berater, auch was meine Karriere und mein Kunstsammlung angeht" (Hinweis
auf zwei Kunstdrucke an der Wand des Besprechungszimmers im Caprio-Office am Sunset-Boulevard). -
"Ich war schon lange nicht mehr im Dorf meiner Gro�eltern, lasse meine Oma aber zu allen Dreharbeiten
aus Deutschland einfliegen." - "Das ist zu privat." (Standardantwort auf alle Fragen zu seiner Person).
* Au�erdem bringt er zu vereinbarten Einzelgespr�chen jemanden mit. Fr�her war das wenigstens noch
Tobey Maguire, aber seit der selbst megaber�hmt ist, hat Leo einen bezahlten Begleiter namens
"Sunshine" angestellt. Unter frustrierten Journalisten ist der grantige Herr als "Sunblock" verrufen,
weil er den geringsten Lichtblick auf die Person seines Sch�tzlings mit barschen Zwischenrufen
abwendet.
* Und er gibt sich kein M�he zu gefallen. Nachl�ssige Gaderobe (gr�nes Polohemd und Baseballkappe
verkehrt herum), bleiche Haut unter Viertagestoppeln, irritierendes Fingertrommeln w�hrend des
Verh�rs. Jawohl, Verh�r. Man w�rde den Superstarverd�chtigen gern mit seiner Schreibtischlampe
blenden, damit er etwas Druckreifes von sich gibt. Aber er hat leider nichts anderes verbrochen als
zwei neue Filme. Ein Meisterwerk und einen Spielberg. Bitte keine Missverst�ndnisse.
Leonardo ist ein �beraus h�flicher junger Mann. Zu den kostbarsten Erinnerungen an die Begegnung mit
ihm geh�ren seine ehrliche Betroffenheit �ber die trockenen Kuchen, die zum Interview gereicht
werden ("Die sehen aber gar nicht gut aus. Die essen Sie besser nicht. Ich wei� gar nicht, wer die
hier hergestellt hat"). Und ein tr�stendes In-den-Arm-Nehmen am Ende: "War es sehr frustrierend?
Wenn Sie das n�chste Mal kommen, frage ich SIE aus."
Andererseits: Wie soll man ein gerechtes Urteil �ber einen Menschen f�llen, wenn man zu viel
Nebens�chlichkeiten von ihm wei�? Leonardo DiCaprio, der kein Posterboy, sondern ein Schauspieler
sein will, hat sich dazu entschlossen, sich nur noch mit Hauptsachen zu besch�ftigen. Wenn er also
nur seine Filme f�r sich sprechen lassen will, ist das sein gutes Recht. *
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